Die Wallfahrt zum Hl. Gerebernus

Bis zum Ende des 2. Weltkrieges gab es in Sonsbeck eine lebhafte Wallfahrt zur Gerebernuskapelle, wo die Reliquien des Hl. Gerebernus verehrt wurden. Eine besondere Ausrichtung erhielt die Wallfahrt durch den seltenen Kriechaltar, durch den die Menschen in vergangenen Zeiten gekrochen sind, um dem Heiligen ganz nahe zu sein und, wie es heißt, um Buße zu tun.

Wir laden Pilger*innen und Besucher*innen ein, die Kapelle als einen Ort der Anregung und des gelebten Glaubens über viele Jahrhunderte hinweg zu entdecken.

Die Gerebernuskapelle, ein besonderer Ort

Die Gerebernuskapelle ist ein Ort, der vom Glauben der Menschen erzählt. Hier sind Menschen hingekommen, weil sie sich Zuspruch und Ermutigung für ihr Leben geholt haben…

Wir alle sind mit unserer eigenen Lebensgeschichte Teil der großen Weltgeschichte. Wir leben zwischen Vergangenheit und Zukunft. Die Vergangenheit lehrt uns, welche Konsequenzen sich aus Ereignissen, aus Entscheidungen und Fehlentscheidungen ergeben und stellt uns gute und schlechte Vorbilder zur Verfügung. In der Gegenwart ist unser Denken und Handeln ausschlaggebend. Für die Zukunft tragen wir gemeinsam Verantwortung.

Die Legende von Gerebernus und Dymphna

Im 7. Jahrhundert lebte in Irland der heidnische König Damon. Dessen Frau hatte sich taufen lassen und erzog auch die gemeinsame Tochter Dymphna im christlichen Glauben. Als die Frau des Königs starb, wollte dieser seine 15jährige Tochter heiraten. Dymphna weigerte sich und erhielt dabei Rückhalt von dem Priester und Mönch Gerebernus, der für die Frauen als geistlicher Begleiter wirkte. Um dem Zorn des Vaters zu entgehen, flohen Dymphna und Gerebernus über das Meer nach Antwerpen. Hier in Flandern fanden sie wohl Halt an Landsleuten, denn keltische Mönche aus Irland und Schottland predigten zu dieser Zeit auf großen Teilen des Festlands das Evangelium. Die Flüchtenden zogen von der lebhaften Stadt Antwerpen weiter landeinwärts und kamen schließlich nach Gheel in Brabant, wo sie in einfachen Hütten als Einsiedler lebten.

Der König aber verfolgte sie und schon bald wurden sie aufgespürt. Damon ließ zunächst Gerebernus töten, und als Dymphna sich weiterhin weigerte, ihren Vater zu heiraten, ließ er auch sie mit dem Schwert enthaupten.

Dymphna und Gerebernus wurden von Bauern in einer Höhle bei Gheel begraben und fortan wurden sie als Märtyrer verehrt. Es mehrten sich die Nachrichten, dass an ihrem Grab Wunderheilungen geschehen seinen, und so entwickelte sich eine lebhafte Wallfahrt.

Die Legende erzählt weiter, dass Pilger aus Xanten im 10. Jahrhundert die Gebeine des Gerebernus und der Dymphna mitsamt den Särgen entwendeten. Das galt damals nicht als Diebstahl, denn der Volksglaube ging davon aus, dass sich die Reliquien nur mit Zustimmung des Heiligen bewegen ließen. Einige Bürger Gheels sollen die Verfolgung aufgenommen haben und es gelang ihnen, die Gebeine Dymphnas zurück zu holen. Der schwere Sarg mit den Gebeinen des Gerebernus aber wurde auf einem Ochsenkarren in Richtung Xanten gebracht. Wenige Kilometer vor dem Ziel auf einer Anhöhe ließen sich die Ochsen plötzlich nicht mehr bewegen weiterzugehen. Weil weder gutes Zureden, noch drohende Schläge halfen, blieb den Räubern aus Xanten nichts anderes übrig, als den Sarkophag mit den Gebeinen des Gerebernus vor Ort zu belassen und sie in die Sonsbecker kleine Ortskapelle zu bringen.

Der Kern der Legende - Dymphnas Weg als Ermutigung

„Zur Freiheit hat uns Christus gerufen“ (Gal 5,1), so heißt es bei Paulus, und Freiheit in Verantwortung will auch Dymphna leben. Dymphna hatte ihre eigenen Vorstellungen von ihrem Leben. Auch, wenn es zu ihrer Zeit nicht außergewöhnlich war, dass ein Vater seine Tochter heiratete, um die Dynastie zu erhalten, wusste sie eines: das will ich nicht, das ist nicht mein Leben!

Nicht das Leben, das ich mir mit dem Rückhalt aus der Taufe und dem Evangelium ersehne, denn ein Leben nach christlichen Maßstäben hat keinen Platz für Vereinnahmung, Vergewaltigung und Machtansprüche. Und in dieser Haltung ist sie standhaft. Sich den Traditionen und der Vereinnahmung durch ihren mächtigen Vater zu widersetzen und ihrem eigenen Weg zu folgen, erfordert Mut und Standhaftigkeit.

Eigene Wege zu gehen, verlangt den Menschen mitunter mutige Entscheidungen ab. Da kann man sich nicht einfach treiben lassen und zum Mitläufer werden. Da sind der eigenen Standpunkt und die eigene Meinung gefragt! Und diese Entscheidungen sind Wegmarkierungen, Wendepunkte, manchmal Richtungswechsel auf dem Lebensweg.

Foto oben: Frank Klier
Foto Kapelle im Sonnenaufgang
und Kriechaltar: Marita Gesthüsen
Foto Gerebernus: Fabian Ververs

Kalt der Stein, der mich umhüllt,
hart der Boden, auf dem ich krieche.

Unzählige Menschen haben
hier niedergekniet,
sich verkrochen,
sich nieder gekauert,
sich klein gemacht
im Wissen: ‚vor dir, Gott, bin ich klein‘.

Du aber richtest auf,
du lässt mich nicht am Boden,
du sagst mir:
„Steh auf, geh aufrecht.“

Gott, auf die Fürbitte
des heiligen Gerebernus
bitte ich dich:

Richte  mich auf,
wo ich gebeugt,
gelähmt,
geschwächt bin.

Richte mich auf
und lass mich
spüren:
‚Mit dir, Gott,
bin ich groß. ‘

Gertrud Sivalingam

Wohin soll mein Weg gehen?
Was will ich mit meinem Leben anfangen?
Was wünsche ich mir für mein Leben?
Was will ich auf keinem Fall in meinem Leben?
Wer geht den Weg mit mir, wer tut mir gut, was hilft mir?

Die Lasten des Alltags
lassen mich gebeugt gehen.
Die Ärgernisse meines Lebens,
sie drücken mich nieder. 

Mit kalter Hand
gleich kaltem Stein
greifen meine Sorgen zu,
berührt mich meine Traurigkeit
mehr als mir lieb ist.

Herr, in dir verwandelt sich
Kälte in Wohlwollen,
Schmerz in Hoffnung,
Trauer in Freude,
Tod in Leben.

Dir vertraue ich mich an
und der Verwandlung,
die in dir möglich wird.

Verwandle mich, Herr,
mit deinem Segen,
umhülle mich mit deinem Segen,
lass mich in deinem Segen
aufstehen und
mit dir
aufrecht gehen.

Gertrud Sivalingam